Dalmatiner haben eine genetische Besonderheit, die dazu führt, dass sie deutlich mehr Harnsäure ausscheiden als andere Hunderassen. Das kann zur Bildung von Harnsteinen führen – lässt sich aber mit einer purinbewussten Fütterung und guter Betreuung gut kontrollieren.

Ursache:
Warum scheiden Dalmatiner so viel Harnsäure aus?

Dalmatiner sind besondere Hunde – auch in ihrem Stoffwechsel. Sie tragen eine genetische Besonderheit, die dazu führt, dass sie im Vergleich zu anderen Hunderassen deutlich mehr Harnsäure mit dem Urin ausscheiden. Das nennt man Hyperurikosurie.

Was hat das mit Purinen zu tun?

Purine sind natürliche Bestandteile der Erbsubstanz jeder Zelle – also von DNA und RNA. Besonders viele Purine stecken in Lebensmitteln mit vielen Zellkernen, zum Beispiel in Innereien oder Haut. Ein Hühnerei dagegen, das im Grunde nur aus einer Zelle besteht, enthält kaum Purine.

Normalerweise werden Purine im Körper über mehrere Schritte abgebaut: Am Ende dieser Kette entsteht Harnsäure, die dann von einem Enzym namens Urikase in den gut wasserlöslichen Stoff Allantoin umgewandelt wird. Allantoin kann über die Nieren einfach ausgeschieden werden.

Was ist beim Dalmatiner anders?

Dalmatiner haben keine gestörte Enzymfunktion – sie besitzen genau wie andere Hunde ausreichend Urikase. Das Problem liegt im Transport der Harnsäure in die Leberzellen: Genau dort findet nämlich die Umwandlung in Allantoin statt. Da die Harnsäure bei Dalmatinern schlechter in die Leberzellen gelangt, bleibt sie als solche im Blut und wird vermehrt über die Nieren ausgeschieden.

Hinzu kommen zwei weitere Besonderheiten in der Niere:

  1. Die Nieren holen weniger Harnsäure aus dem Harn zurück in den Blutkreislauf (Reabsorption).
  2. Gleichzeitig wird aktiv noch mehr Harnsäure aus dem Blut in den Urin abgegeben.

Diese Kombination aus Leber- und Nierenfaktoren führt dazu, dass Dalmatiner deutlich mehr Harnsäure ausscheiden als andere Hunde – im Durchschnitt 400–600 mg pro Tag, teils sogar über 1000 mg. Zum Vergleich: Andere Hunde liegen bei nur etwa 15–40 mg pro Tag.

Warum ist das ein Problem?

Harnsäure ist nur schlecht wasserlöslich. Bei zu hohen Konzentrationen im Urin kann es zur Bildung von Kristallen und Blasen- oder Nierensteinen kommen – sogenannten Uratsteinen. Besonders gefährdet sind Hunde, die mehr als 550 mg Harnsäure pro Tag ausscheiden.

Auch der Harnsäurespiegel im Blut ist bei Dalmatinern erhöht – er liegt oft zwei- bis viermal höher als bei anderen Rassen.


Vorkommen:
Warum haben Dalmatiner Probleme mit Harnsäure – und betrifft das auch andere Rassen?

Dalmatiner haben aufgrund eines Gendefekts Schwierigkeiten, Harnsäure richtig zu verarbeiten. Dieser Defekt liegt im SLC2A9-Gen, das für den Transport von Harnsäure in die Leber und Niere verantwortlich ist. Normalerweise wird die Harnsäure in eine gut lösliche Form (Allantoin) umgewandelt, aber bei Dalmatinern funktioniert dieser Prozess nicht richtig. Das führt zu einer vermehrten Ausscheidung von Harnsäure im Urin, was als Hyperurikosurie bezeichnet wird. Zusätzlich kann die Harnsäure im Blut leicht erhöht sein, was als Hyperurikämie bekannt ist.

Dieser genetische Defekt tritt beim reinrassigen Dalmatiner immer auf*, da alle Tiere zwei Kopien des mutierten Gens haben. Wahrscheinlich wurde dieses Gen durch die Zucht auf das typische Fleckenmuster des Dalmatiners weitergegeben.

*Anmerkung: Ausgenommen hiervon ist der LUA-Dalmatiner – ein Backcross-Projekt

Das veränderte Gen ist jedoch nicht auf Dalmatiner beschränkt – es kommt auch bei anderen Rassen wie Bulldoggen und Russischen Terriern vor. Bei diesen Rassen tritt die Erkrankung jedoch seltener auf, da das Gen meist nur in einer Kopie vorhanden ist. Einige Forschungen deuten darauf hin, dass das Gen sehr alt ist und möglicherweise ursprünglich aus der Region stammt, aus der auch der Dalmatiner kommt.

Heutzutage kann das SLC2A9-Gen durch einen einfachen Test nachgewiesen werden. Dieser Test ist besonders bei Risikorassen sinnvoll, um Verpaarungen zu vermeiden, die zu Welpen mit Hyperurikosurie führen könnten.


Entstehung:
Wie entstehen Harnsteine?

Harnsäuresteine entstehen, wenn sich Harnsäurekristalle im Urin bilden, die nicht richtig aufgelöst werden. Dies passiert, wenn der Urin zu wenig Flüssigkeit enthält oder der Urin zu lange in der Blase bleibt, ohne ausgespült zu werden. Man kann sich das wie folgt vorstellen: Wenn man in ein halbes Glas Wasser Salz einrührt, löst sich das Salz, bis das Wasser gesättigt ist. Wenn man mehr Salz hinzufügt, bleibt es als Kristall im Glas. Das passiert auch im Urin der Dalmatiner, wenn zu viel Harnsäure drin ist – sie bildet Kristalle.

Diese Harnsäurekristalle können sich mit der Zeit zu kleinen Steinen, sogenannten „Gries“, zusammenschließen. Wenn sich noch mehr Kristalle anlagern, wachsen diese „Griessteine“ zu größeren Steinen heran. Diese Steine können nicht nur Schmerzen verursachen, sondern auch die Harnröhre blockieren, was zu einem Notfall führen kann, wenn die Harnwege des Hundes verstopfen.

Obwohl alle Dalmatiner eine genetische Veranlagung haben, mehr Harnsäure zu produzieren (Hyperurikosurie), entwickeln nicht alle Dalmatiner tatsächlich Steine. Die Hyperurikosurie allein reicht nicht aus, damit sich Steine bilden – es müssen zusätzlich andere Risikofaktoren hinzukommen. Zu den Risikofaktoren gehören:

  • Hohe Harnsäure-Konzentration im Urin
  • Saurer pH-Wert des Urins
  • Trockenfutter mit einem hohen Proteingehalt (> 20%)
  • Seltenes Urinieren
  • Rüden: Problem aufgrund der Anatomie häufiger

Harnsteine beim Dalmatiner entstehen hauptsächlich im unteren Urogenitalsystem, also in der Blase und Harnröhre (85 % der Fälle). Nur 1,3 % der Steine entstehen in den Nieren oder Harnleitern, und 1,5 % befinden sich sowohl im oberen als auch im unteren Urogenitalsystem. Interessanterweise werden 12,3 % der Steine ausgeschieden und dann untersucht, da Uratsteine oft rund sind und relativ leicht ausgeschieden werden können – besonders bei weiblichen Dalmatinern aufgrund ihrer Anatomie.

Uratsteine sind bei Dalmatinern fast immer die Ursache für die Steinbildung (94 % der Fälle). Es gibt verschiedene Arten von Uratsteinen, wobei Ammoniumurate die häufigste Form darstellen. Seltener treten Natriumurate und Calcium-Natrium-Urate auf.

Die Steinbildung betrifft Rüden häufiger als Hündinnen (97 % der Fälle). Ein interessanter Befund einer amerikanischen Studie zeigte, dass kastrierte Rüden häufiger betroffen sind als intakte. Dies könnte auf hormonelle oder anatomische Faktoren hinweisen. Es wird empfohlen, Dalmatinerrüden nicht vor dem 2. Lebensjahr zu kastrieren, um dem Urogenitalsystem Zeit zur Entwicklung zu geben.

Die häufige Steinbildung bei Rüden lässt sich durch die Anatomie erklären: Ihre längere Harnröhre und die Engstelle im Bereich des Penisknochens machen es leichter für Kristalle und kleine Steine, hängen zu bleiben und Probleme zu verursachen. Hündinnen haben aufgrund der kürzeren und dehnbaren Harnröhre weniger Schwierigkeiten mit der Ausscheidung von Kristallen, was dazu führt, dass Probleme bei ihnen seltener auftreten.


Prophylaxe:
Wie kann ich der Harnsteinbildung vorbeugen?

Um der Bildung von Harnsteinen und Kristallen beim Dalmatiner vorzubeugen, gibt es mehrere wichtige Maßnahmen, die man ergreifen kann:

Ausreichende Flüssigkeitsaufnahme: Es ist entscheidend, dass der Hund genügend Wasser trinkt, um die Harnwege und die Blase regelmäßig gut durchzuspülen. Wenn ein Hund wenig trinkt, gibt es verschiedene Möglichkeiten, dies zu fördern. Eine Option ist, das Trockenfutter einzuweichen, oder zusätzlich zum Trinkwasser auch verdünnte Milch oder ungewürzte Gemüsebrühe anzubieten. Eine Fütterung mit Frischfutter kann ebenfalls die Wasseraufnahme erhöhen, da Frischfutter einen hohen Wasseranteil hat. Nassfutter hingegen hat einen höheren Rohproteingehalt und ist daher weniger geeignet, wenn es um die Prävention von Harnsteinbildung geht, insbesondere aufgrund des höheren Anteils an Trockenmasse.

Ernährung: Es gibt derzeit keine wissenschaftlichen Beweise, dass eine purinarme Ernährung allein bei Dalmatinern zu einer signifikanten Reduzierung der Kristallbildung führt, insbesondere wenn der Urin bereits frei von Kristallen ist. Für Dalmatiner, die zu anderen Arten von Harnsteinen neigen, könnte eine sogenannte „Dalmatinerdiät“ sogar kontraproduktiv sein und die Kristall- oder Steinbildung eher fördern. Es ist jedoch ratsam, Lebensmittel, die besonders reich an Purinen sind, wie Leber, Bierhefe, Innereien und getrocknete Knabbereien, nur in Maßen oder besser gar nicht zu füttern. Besonders bei Leckerchen und Nahrungsergänzungsmitteln sollte man darauf achten, dass diese keine ungewollten Zutaten wie Leber oder Bierhefe in hohen Mengen enthalten, da sie den Harnsäurespiegel im Urin anheben können.

Regelmäßige Tierarztbesuche: Um frühzeitig mögliche Probleme zu erkennen, sollte man regelmäßig ein Urinsediment beim Tierarzt durchführen lassen. Dies ermöglicht es, Kristalle im Urin zu identifizieren, bevor sie zu größeren Problemen wie Harnsteinen führen können.

Wenn Dein Dalmatiner nur noch tröpfchenweise oder mit Mühe urinieren kann, oft versucht zu pinkeln, sich dabei anstrengt oder sichtbar unruhig ist, handelt es sich um einen tiermedizinischen Notfall. Auch wenn noch etwas Urin kommt – warte nicht ab und vereinbare keinen Termin „in ein paar Tagen“, sondern bring Deinen Hund sofort zur Tierarztpraxis oder Tierklinik!

Solche Symptome deuten auf eine akute Verstopfung der Harnwege hin, zum Beispiel durch Harnsteine oder Gries, die in der Harnröhre feststecken. Dabei sammelt sich weiterhin Urin in der Blase, der nicht abfließen kann. Die Blase wird immer voller und steht unter hohem Druck – das verursacht nicht nur starke Schmerzen, sondern kann innerhalb von 24 Stunden zu schwerwiegenden Schäden an den Nieren oder sogar zu einem tödlichen Nierenversagen führen.

Kurz gesagt: Zögere nicht. Je schneller Dein Hund behandelt wird, desto besser die Prognose!


🔗 Quellen und weiterführende Literatur

🐾 Dalmatians and Uric Acid: Understanding the Breed’s Unique Metabolism

Genetic Predisposition

Dalmatians possess a unique genetic trait that leads them to excrete significantly more uric acid than other dog breeds. This condition, known as hyperuricosuria, can result in the formation of urinary stones but can be effectively managed with a purine-conscious diet and proper care.​

Cause: Why Do Dalmatians Excrete So Much Uric Acid?

Dalmatians have a distinct metabolism due to a genetic mutation affecting the SLC2A9 gene, responsible for transporting uric acid into liver cells where it’s converted into the more soluble compound allantoin. In Dalmatians, this transport is impaired, leading to higher levels of uric acid in the blood and increased excretion through the kidneys.​

Additionally, their kidneys reabsorb less uric acid back into the bloodstream and actively secrete more into the urine. This combination results in Dalmatians excreting an average of 400–600 mg of uric acid daily, sometimes exceeding 1000 mg, compared to 15–40 mg in other breeds.​

Why Is This a Problem?

Uric acid is poorly soluble in water. High concentrations in urine can lead to the formation of crystals and urinary stones, known as urate stones. Dogs excreting more than 550 mg of uric acid daily are particularly at risk. Dalmatians also often have elevated blood uric acid levels, two to four times higher than other breeds.​

Prevalence: Is This Issue Exclusive to Dalmatians?

While all purebred Dalmatians carry two copies of the mutated SLC2A9 gene, making them homozygous for hyperuricosuria, this mutation is also present in other breeds like Bulldogs and Russian Terriers, albeit less commonly. The mutation’s prevalence in Dalmatians is likely due to selective breeding for their distinctive spotted coat.​

A notable exception is the LUA (Low Uric Acid) Dalmatian, developed through a backcrossing project to introduce the normal gene variant.​

Genetic testing for the SLC2A9 mutation is available and recommended for at-risk breeds to prevent breeding combinations that could produce affected offspring.​

Formation: How Do Urinary Stones Develop?

Urate stones form when uric acid crystals accumulate in urine that is too concentrated or remains in the bladder for extended periods. This process is similar to adding salt to water until it can no longer dissolve, leading to crystal formation.​

These crystals can coalesce into small stones (gravel) and, over time, grow larger, potentially causing pain or obstructing the urinary tract—a medical emergency.​

While all Dalmatians are genetically predisposed to hyperuricosuria, not all develop stones. Additional risk factors include:​

  • High uric acid concentration in urine​
  • Acidic urine pH​
  • High-protein dry food (>20% crude protein)​
  • Infrequent urination​
  • Male anatomy, which is more prone to obstruction​

In Dalmatians, 85% of stones form in the lower urinary tract (bladder and urethra), 1.3% in the kidneys or ureters, and 1.5% in both areas. Approximately 12.3% of stones are naturally expelled and analyzed, often due to their round shape, especially in females.​

Urate stones in Dalmatians are predominantly ammonium urate (94%), with sodium urate and calcium-sodium urate being less common.​

Males are more frequently affected (97% of cases), and studies suggest that neutered males are at higher risk than intact ones. It’s recommended to avoid neutering male Dalmatians before two years of age to allow full development of the urinary system.​

The male urinary tract’s anatomy, including a longer urethra and a narrow section near the penile bone, makes it more susceptible to blockages. Females, with shorter and more flexible urethras, are less prone to such issues.​

Prevention: How Can I Prevent Urinary Stones?

To prevent the formation of urinary stones and crystals in Dalmatians, consider the following measures:​

  • Ensure Adequate Hydration: Encourage your dog to drink plenty of water to flush the urinary system. If your dog drinks little, you can soak dry food, offer diluted milk, or unsalted vegetable broth. Feeding fresh food can also increase water intake. Wet food, however, often has a higher protein content and may not be ideal for preventing stone formation.​
  • Dietary Considerations: While there’s no definitive scientific evidence that a low-purine diet alone significantly reduces crystal formation in Dalmatians, it’s advisable to limit high-purine foods like liver, brewer’s yeast, organ meats, and dried treats. Pay attention to treats and supplements to avoid unintended high-purine ingredients.​
  • Regular Veterinary Check-ups: Routine urine sediment tests can detect crystals early, allowing for timely intervention before stones develop.​

Signs such as straining to urinate, frequent attempts without success, or visible discomfort indicate a potential urinary blockage—a medical emergency. Even if some urine is passing, do not delay; contact your veterinarian or an emergency clinic immediately.​

Such symptoms may result from stones or gravel obstructing the urethra, leading to urine accumulation in the bladder, increased pressure, severe pain, and potentially life-threatening kidney damage within 24 hours.​

In Summary: Prompt treatment is crucial for a favorable outcome.​


🔗 Sources and Further Reading